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Digitalisierung verstärkt die Ökonomisierung der Arbeit
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Digitalisierung verstärkt die Ökonomisierung der Arbeit
Portrait von Doris Fiala
Portrait von Doris Fiala

Frau und Digitalisierung –
Chance oder Gefahr?

Frau Fiala, Sie haben im Jahre 2000 Ihre eigene Firma gegründet und kommen von daher mit aktuellen Themen wie auch der Digitalisierung in Kontakt. Zudem sind Sie kürzlich zur Parteipräsidentin der FDP Frauen Schweiz gewählt worden. Ist die Digitalisierung auch in der Politik ein wichtiges Thema? Inwiefern?

Die Digitalisierung, Industrie 4.0, verändert unsere Gesellschaft und Wirtschaft grundlegend. Der Wandel klassischer Wertschöpfungsketten und neue Technologien schaffen Chancen für neue Geschäftsmodelle, Prozesse und Arbeitsplätze.

Die FDP will, dass die Schweiz an der Spitze der technologischen Innovation bleibt und das Potenzial der Digitalisierung nutzt. Damit stärken wir den Standort Schweiz weiter. Wir wollen Mut motiviert und nicht Angst getrieben handeln.

Was braucht es Ihrer Ansicht nach für eine erfolgreiche Digitalisierung?

Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, müssen wir Innovation zulassen. Mit Verboten zu reagieren, ist sinnlos.

Die Gesetze müssen sich der Digitalisierung anpassen, nicht umgekehrt.

Juristische Herausforderungen sollte man aber nicht kleinreden. Es braucht zudem auch die Offenheit der Arbeitnehmenden, sich auf dem Gebiet der Digitalisierung permanent weiterzubilden und für die Neuerungen offen zu sein und sie positiv aufzunehmen.

Ein besonderes Augenmerk habe ich persönlich der Virtual Realitiy und den sogenannten Virtual Territories gewidmet.

Ich bin fasziniert von diesen neuen Möglichkeiten, in eine Welt einzutauchen und sie fast physisch real zu erleben. Nicht nur in der Game- oder Fantasiewelt ist das unheimlich begeisternd; nehmen wir die Architektur: Wir könnten die Stadt Zürich verdichtet erleben lassen und Ängste nehmen, wie sich das Stadtbild effektiv entwickelt und anfühlen wird.

Die Forderung des Rechts auf Kopie der eigenen Daten und das Bedürfnis nach Datenschutz werden zunehmen und noch komplexer werden. Aber gerade im Gesundheitswesen werden E-Patientendossiers die Qualität steigern und Kosten gesenkt werden. Wenn all meine Gesundheitsdaten abrufbar sind, wird die Behandlung kompetenter. Hier zeigt sich jedoch, wie der Einzelne vor Missbrauch geschützt werden muss.

Wo steht die Schweiz im Vergleich zum Ausland? Was sind die Stärken der Schweiz? Und was die Schwächen?

Hohes Bildungsniveau als Stärke und damit einhergehende Innovationsfähigkeit sind unbedingt positiv zu nennen. Die Umsetzung ist aufgrund der etwas mangelnden Start-up-Mentalität jedoch geringer als im Ausland. Es fehlt nicht das Venture Capital als solches, sondern die Mentalität „Trial and Error“ zu leben.

Wer primär Angst hat zu scheitern, ist als Unternehmer gelähmt.

Besonders in den Züricher Stadtkreisen 3, 4 und 5 finden wir unglaublich viel Unternehmergeist und junge, innovative Projekte. Der geplante Innovationspark könnte ein zweites Silikon Valley werden. Ich hoffe, die Politik verhindert hier nichts…

Sind Sie der Ansicht, dass Frauen die Herausforderungen der Digitalisierung anders angehen, als das Männer tun?

Ganz und gar nicht! Ich bin der beste Beweis dafür und das mit 60. Gerade in den sozialen Medien sind die Frauen stark und vermarkten ihre Ideen gut. Die kommende Generation wird die Digitalisierung ohnehin ganz natürlich und selbstverständlich leben.

Wo sehen Sie die grössten Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Bezug auf den digitalen Wandel?

Ich sehe eigentlich keine! Es ist eine Bildungsfrage und wie neugierig ein Mensch auf Neues reagiert.

Kann man sagen, dass Frauen, sei es in Führungspositionen oder auch allgemein, die Digitalisierung zurückhaltender angehen als Männer? Sehen Sie sonst Unterschiede zwischen den Geschlechtern?

Ich würde das eher verneinen. Die Digitalisierung bringt für beide Geschlechter mehr Flexibilität am Arbeitsplatz bzw. die Möglichkeit Home Office zu machen. Es werden beide Geschlechter diese Möglichkeit intensiv nutzen.

Verschärft die Digitalisierung Ihrer Ansicht nach die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern?

Wenn nur die Frau die neue Möglichkeit nutzen würde, wäre das kritisch. Wenn Sie dadurch noch mehr an das Haus gebunden würde, wäre es zudem eine verpasste Chance.

Ich sage daher immer: Wir können es nur MIT den Männern machen!

Primär müssen sich nun auch die Männer noch mehr emanzipieren und neue Rollenmodelle akzeptieren. Dann wäre dies die grosse Chance des Home Office.

Schwierig bleibt bei zu viel Teilzeitarbeit jedoch, die Karrieremöglichkeit voran zu treiben. Mit einem 60%-Job wird weder Mann noch Frau es in die Chefetage schaffen. Was aber nichts mit der Digitalisierung zu tun hat. Irgendwann wird der Koordinationsaufwand für ein Unternehmen zu kostspielig und organisatorisch zu aufwändig.

Aber der Arbeitsplatz wird definitiv weniger an den Firmensitz gebunden sein als heute noch.

Home Office, flexible Arbeitszeitmodelle werden immer selbstverständlicher und davon profitieren natürlich auch die Frauen.

Gerade mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative hat sich der Fachkräftemangel in der Schweiz verschärft. Die Schweizer Wirtschaft ist auf gut ausgebildete Frauen angewiesen. Etwa 50’000 Uni- oder Hochschulabsolventinnen sind nicht im Arbeitsprozess integriert. In einer Studie zeigt sich, dass ein Grossteil der Arbeitnehmenden ihr Arbeitspensum steigern möchte.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist aber immer noch ein Stolperstein für Mütter und Väter. Die Digitalisierung ist hier eine grosse Chance, es braucht aber mehr.

Kann der digitale Wandel die Solidarität zwischen den Frauen in Führungspositionen fördern?

Der Wandel beginnt bekanntlich im Kopf. Frauen müssen noch mehr ermutigt und befähigt werden, bei sich bietenden Möglichkeiten „JA, ich will und kann das“ zu sagen und sich den Herausforderungen und dem Wettbewerb zu stellen.

Aus meiner Erfahrung in der Politik würde ich uns Frauen grossmehrheitlich solidarischer einschätzen als die Männer. Männer haben aber immer noch die besseren Netzwerke.

Die Möglichkeit der digitalen Vernetzung birgt gerade auch für Frauen, welche noch nicht oder nicht mehr berufstätig sind grosse Chancen der Vernetzung und dadurch auch die Möglichkeit der Solidarität!

Wo liegen – ganz allgemein – die Chancen und die Gefahren der Digitalisierung?

Alle Branchen werden vom technologischen Wandel betroffen sein. Der Verlust von bestehenden Arbeitsplätzen und Berufsfeldern wird aber langfristig durch die Schaffung von neuen wettgemacht, wenn auch nicht in allen Branchen gleich stark. Es ist daher sehr verständlich, dass Marktteilnehmer und Teile der Bevölkerung Respekt haben vor der Digitalisierung.

Doch wenn die Schweiz Innovation zulässt, ihre Stärken ausspielt und sich unter den Digitalisierungsweltmeistern positioniert, profitieren wir alle von der Digitalisierung

Was ist die wichtigste Fähigkeit, die eine weibliche Führungskraft im digitalen Zeitalter braucht?

Die gleichen wie eine männliche Führungskraft: Offenheit, Teamfähigkeit, Flexibilität und Mut zu Innovation, um nur einige zu nennen.

Was für einen Tipp können Sie Frauen geben, die in einer Führungsposition sind und den digitalen Wandel in ihrem Unternehmen in Angriff nehmen möchten?

Eine fundierte Ausbildung und eine ständige Weiterbildung sind unerlässlich. Das betrifft aber Frauen genauso wie Männer. Ich sehe hier keinen Unterschied.

Rubrik

gefragt

Ausgabe

Führung & Digital

Doris Fiala

Nationalität
Schweizerin

Geburtsdatum
29. Januar 1957

Zivilstand
verheiratet

Webseite
fiala.ch

Beruf
PR-Beraterin

Info
Doris Fiala hat sich nach dem Diplomabschluss an der Handelsmittelschule in der Reise- und Ernährungsbranche weitergebildet und hat danach in Biel die PR-Qualifikation erworben. Im Jahr 2000 gründete sie ihre eigene Firma, eine Agentur für Öffentlichkeitsarbeit. Heute ist sie unter anderem als Präsidentin der FDP Frauen Schweiz tätig. Frau Fiala ist verheiratet und hat einen Sohn sowie zwei Töchter.

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