Frauen sind in Stiftungsräten untervertreten | Die Wirtschaftsfrau
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Teilzeit auch bei jungen Frauen gefragt
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Frauen sind in Stiftungsräten untervertreten

Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz, was Frauen in Verwaltungsratspositionen angeht, laut Schillingreport 2021 auf einem unattraktiven 16. Platz – vor Kroatien und hinter Griechenland. Wie steht es um die Vertretung von Frauen in den Stiftungsräten von Pensionskassen?

Der Bund verlangt per 2021 eine Geschlechterquote in den Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten von börsennotierten Unternehmen. Die Firmen müssen sich entsprechend rasch und proaktiv um geeignete Frauen bemühen. Das Thema Gender-Diversity oder besser gesagt Vielfalt im Verwaltungsrat wird in der Schweiz also heftig diskutiert und es existieren zahlreiche Studien über die Besetzung von Verwaltungsratspositionen – jedoch liegen von Stiftungsratsgremien und vom Vorsorge- und Stiftungssektor zurzeit kaum aussagekräftigen Untersuchungen vor.

Warum eigentlich nicht? Lagert doch bei den Pensionskassen die gigantische Summe von über 1000 Milliarden Franken.

Männlich geprägte Führungskultur

Wir wollen die Frauen in die Verantwortung nehmen, den Erfolg ihrer Vorsorge bewusst mitzugestalten. Zudem gilt es für

Unternehmen bei der zunehmenden Verknappung der Arbeitskräfte das Potenzial der Frauen auf allen Ebenen besser zu nutzen. Je höher eine Kaderposition angesiedelt ist, desto geringer ist derzeit heute noch der Frauenanteil. Das ist eine Verschwendung von Arbeitskraft, die die Wirtschaft dringend braucht. Bis anhin konzentrierte sich die Frauenförderung” stark auf sogenannte “Defizite” von Frauen, die man durch geeignete Massnahmen abbauen wollte. Sicherlich ist eine Stärkung von Frauen in den Bereichen Selbstdarstellung und Zielorientierung sinnvoll, wie dies oft gefordert wird. Gleichwohl ist es ein Irrglaube, dass sich damit allein tatsächlich eine echte Balance herstellen lässt. Also ein Zustand, in dem Frauen und Männer auf allen Ebenen gleich vertreten sind und überdies beide gleich gefördert und bezahlt werden sowie die gleichen Chancen haben, Karriere zu machen. Typisches Führungsverhalten ist im Bewusstsein der Mehrheit nach wie vor männlich geprägt. Dieses traditionelle Mindset macht es für Frauen und Männer ohne männlich konnotierte Verhaltensweisen schwer, als Führungskraft zu überzeugen. Doch mit eher männlichen Attributen haben es Frauen auch nicht leicht, da diese Eigenschaften nicht als kongruent empfunden werden. Frauen, die es nach oben geschafft haben und auf diesem Weg zwangsläufig die gängigen Spielregeln gelernt haben, werden nicht selten angefeindet.

 Wie sieht es in der Pensionskassenwelt aus?

Im Folgenden zeigen wir die Resultate einer quantitativen Umfrage bei über 300 Vorsorgeeinrichtungen, durchgeführt im Zeitraum vom Herbst 2020 bis heute. Sie erhalten einen kleinen Auszug aus unserer quantitativen Umfrage. Die Umfrage richtete sich vor allem an amtierende Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte.1

Gut ein Viertel Stiftungsrätinnen

Der Frauenanteil in den Stiftungsräten liegt bei 25 bis 29 % (siehe Grafik 1).

Damit liegen Pensionskassen leicht über den Werten von Aktiengesellschaften. Obwohl mit der Aktienrechtsrevision das Gender-Diversity-Thema hoch eingestuft wird, geben über 80 % der Befragten an, dass dies bei ihnen keine Relevanz hat und keine Massnahmen ergriffen wurden, mehr Frauen zu rekrutieren.

Die verlangten Geschlechterrichtwerte für Unternehmen liegen gemäss Vorgaben zum Aktienrecht bei mindestens 30% im Verwaltungsrat und wenigstens 20 % in der Geschäftsleitung. In den Verwaltungsräten der hundert grössten Arbeitgeber liegt der Frauenanteil heute hingegen bei 24 %, wie der Schillingreport 2021 aufzeigt.

Unter allen befragten Stiftungsräten walten rund 14% als Präsidenten oder Präsidentinnen und 15% als Vize. 9% der Frauen geben an, dass sie die Funktion der Präsidentin innehaben, bei den Männern sind es 15 %. Frauen amtieren etwas häufiger als Vizepräsidentinnen als ihre männlichen Kollegen.

Mehr externe Frauen als Männer in Stiftungsräten

Der Anteil der externen Stiftungsräte beträgt 26 %, wobei 32% der externen Mandate den Frauen zuzuordnen sind und nur 23% den Männern. Der Bedarf nach externen Stiftungsräten ist zwar da, doch 60 % geben an, dass sie keine Notwendigkeit sähen. Unsere Nachfrage nach den Gründen für ein Engagement externer Stiftungsräte ergab: Frauen und Männer gewichten die Faktoren für ein Dafür unterschiedlich. Für Frauen stehen Neutralität und Fachwissen im

Vordergrund – für die Männer ganz einfach die fehlenden und passenden internen Kandidaten (siehe Grafik 2).

Wie wird man Stiftungsrat oder Stiftungsrätin?

Über 90% aller befragten Pensionskassen verfügen über ein Wahl- oder Organisationsreglement. Die Rekrutierung erfolgt traditionell – durch Direktanfrage. Wobei 67% der Amtierenden angeben, sie seien angefragt worden, und 33% sagen, sie hätten sich selbst beworben. Bei knapp zwei Dritteln der Vorsorgeeinrichtungen liegen keine konkreten Anforderungsprofile vor.

Gefragt nach der Untervertretung der Frauen im Stiftungsrat, erhielten wir den erwarteten Tenor: Bei Frauen sei die Lust auf Pensionskasse und Gestaltungswillen eben nicht so ausgeprägt. Zudem würden Zeitmangel und Doppelbelastung dazu beitragen. Allerdings konnten wir bei den weiblichen Befragten und in unserem Umfeld nicht weniger Interesse feststellen als bei Männern.

Der Blick auf die Motivation der weiblichen Mitglieder (siehe Grafik 3) zeigt auch keine frappanten Unterschiede. Interessant ist hingegen, dass sie den Nutzen des Stiftungsratsmandats bezüglich Karriere und Networking höher gewichten als Männer. Frauen erhalten für ihr Mandat insgesamt weniger Anerkennung in ihrem Arbeitsumfeld. Nur 39% der Frauen gegenüber 47% der Männer geben an, eine mehr oder starke Wertschätzung zu erhalten.

Zeitaufwand und Vergütung?

Beleuchtet man die Argumentation Zeitmangel, zeigt sich, dass 72% der männlichen und nur 60% der weiblichen Befragten die Zeit für die Vorbereitung und Sitzung ganz oder teilweise als Arbeitszeit verrechnen können. Frauen geben an, weniger Aufwand für die Sitzungsvorbereitungen zu haben als ihre Kollegen.

Was die Entschädigung anbelangt, liegt die Erwartung der Frauen über denen der Männer. Effektiv vergütet wird im Durchschnitt in etwa gleich viel. Über alle Pensionskassen erhalten Männer wie Frauen im Schnitt eine jährliche Vergütung von 8846 Franken.

Drei Kernerkenntnisse aus der Umfrage

Je grösser und je strukturierter (Organisations- und Wahlreglemente) eine Pensionskasse ist, desto weniger Ungleichheiten gibt es. Insbesondere gilt:

  • Wo keine Anforderungsprofile und bewusste Rekrutierung vor allem auf Arbeitgeberseite bestehen, gibt es Ungleichheiten. Eine Barriere sind nach wie vor unbewusste Rollenzuschreibungen.
  • Wo nur Rekrutierung durch Ansprache stattfindet, bleibt das Mandat intransparent. Es können keine klaren Anforderungen und Kompetenzmerkmale genannt werden.
  • Veraltete Annahmen über mangelndes Interesse der Frauen an Pensionskassenthemen versperren Frauen den Zugang und damit die dringende und gewünschte Beteiligung an der Vorsorgeplanung.

1Die Erhebung wurde im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau durchgeführt.

Kategorie

News

Publiziert am

26.01.2022

Hashtag

#diewirtschaftsfrau #politik

Clivia Koch

Funktion: Präsidentin Wirtschaftsfrauen Schweiz

Firma: Koch Pohl Consulting GmbH

Website: www.wirtschaftsfrauen.ch
Website: www.kochpohl.ch

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