Mutig und offen in die moderne Arbeitswelt | Die Wirtschaftsfrau
Eine Mutter hält die Hand ihres Babys
Mutterschaftsurlaub weltweit im Vergleich
Weshalb sind Frauen in MINT-Bereichen untervertreten?
Eine Mutter hält die Hand ihres Babys
Mutterschaftsurlaub weltweit im Vergleich
Weshalb sind Frauen in MINT-Bereichen untervertreten?
Albena Björck von der ZHAW.
Albena Björck von der ZHAW.

Dr. Albena Björck ist als Dozentin an der ZHAW tätig. (Bildquelle: ZVG)

Mutig und offen in die moderne Arbeitswelt

Für Dr. Albena Björck bringt die moderne Arbeitswelt ein neues Verständnis von Karrieremodellen und Kompetenzen mit sich. Berufsbilder und Anforderungen ändern sich und neue Möglichkeiten entstehen. Sie müssen nur wahrgenommen werden.

Frau Björck, Sie dozieren und geben seit rund 10 Jahren Weiterbildungskurse. Welche Veränderung haben Sie in dieser Zeit beobachtet?

Mir ist in dieser Zeit besonders aufgefallen, dass wir uns weg vom klassischen Lebenslauf, hin zur Portfolio-Karriere bewegen. Das bisherige, lineare Karrieremodell wird zunehmend infrage gestellt.

Wie meinen Sie das?

Vor 10 Jahren sprachen wir noch von Karriereleitern, die schrittweise erklimmt werden müssen und von Löchern im Lebenslauf, die uns davon abhalten. Heute ändern sich Berufsbilder, Anforderungen und Möglichkeiten so schnell, dass ein solches Karrieremodell kaum mehr möglich oder sinnvoll ist.

Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein, besonders für jemanden, der eine Elternzeit oder einen längeren Auslandsaufenthalt plant oder hinter sich hat.

In der heutigen Arbeitswelt ist ein lückenloser Lebenslauf nicht mehr so wichtig wie früher. Arbeitnehmende können durch flexible Arbeitsmodelle, Elternzeit oder Auslandseinsätze wertvolle Erfahrungen sammeln, die eine Karriere sogar fördern können. Diese «Hybride Arbeitswelt» erleichtert vor allem Frauen die Familienplanung und ermöglicht es ihnen, ihre Karriere flexibler zu gestalten. Sie stellt zugleich aber die Anforderung, bewusster und strategischer die eigene Lernbiografie zu gestalten und kommunizieren.

Sie lehren unter anderem an der ZHAW. Was geben Sie dort ihren Weiterbildungsteilnehmenden mit, um von dieser Entwicklungen profitieren zu können?

Ich versuche vor allem das Denken in Perspektiven beizubringen. Wir haben an der ZHAW Top Leute mit enormer Qualität und langjähriger Berufserfahrung. Als unseren grossen Vorteil sehe ich, dass wir nicht nur Wissen vermitteln, das machen alle anderen auch, sondern dass wir Zugang zu einem breiten Netzwerk an Fachpersonen mit einmaligen Erfahrungen aus erster Hand bieten. Deswegen ist es mir jeweils ein besonders Anliegen, dass die Weiterbildungsteilnehmenden auch lernen dieses Netzwerk zu nutzen.

Verschiedene Hintergründe, Erfahrungen und Fähigkeiten helfen beim Lösen von Problemen oder bei schwierigen Entscheidungen. Zudem steigern sie die Kreativität und Innovationsfähigkeit. Ein aktuelles Beispiel aus meiner Lehrtätigkeit ist die Zusammenarbeit zwischen dem Master International Business der ZHAW und dem Engineering-Master an der Stanford University (USA). Ich finde das Zusammenspiel von Ingenieur- und Business-Mindsets inspirierend, auch wenn es nicht immer einfach ist. Ein zweites Beispiel aus der Weiterbildung ist der MAS BA/MBA, bei dem die Mindset- und Disziplinen-Vielfalt noch höher ist.

Schliesslich hat jede Perspektive ihre Stärken aber auch Schranken, auf die man achten muss. Doch das Schlussresultat zeigt deutlich, dass die Zusammenarbeit Früchte trägt – sowohl in Bezug auf Lösungsqualität als auch Lernkurve für alle Beteiligten.

Fliesst diese Überzeugung auch in Ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Mentorin an der Universität St. Gallen?

Persönlich habe ich unglaublich viel von den Mentoren gelernt, die mich in meiner Karriere unterstützt, ermutigt und gefördert haben. Deswegen möchte ich als Mentorin etwas zurückgeben, aber auch von meinen Mentees lernen. Mentoring ist für mich nicht nur eine Form der persönlichen Unterstützung, sondern Teil einer Kultur, die ich allen ans Herz legen möchte. Dabei geht es um Offenheit, Feedback, kritischen Austausch auf Augenhöhe sowie gegenseitige Unterstützung und Förderung.

Welchen Rat haben Sie für Frauen, die sich im beruflichen Umfeld behaupten möchten?

Nehmt euch den Mut, aktiv auf andere zuzugehen und die Initiative zu ergreifen. Und baut die Resilienz auf, es erneut zu versuchen, wenn es nicht gelingt. Aus Misserfolgen lernt man am meisten.

Vielen fällt es schwer, diesen Mut aufzubringen und aktiv etwas von anderen einzufordern. Haben Sie Empfehlungen?

Klar, es ist nicht immer einfach. Man kann damit beginnen, auf andere Frauen zuzugehen. Das fällt vielen Frauen einfacher und ist ein guter Start. Es entstehen laufend neue Netzwerke für Frauenförderung, wie zum Beispiel die neue Initiative «Women for the Board», die hoch kompetente Frauen verbindet, die ein Verwaltungsratsmandat übernehmen wollen. Allerdings sollte man vorsichtig sein und darauf achten, sich nicht auf ein reines Frauennetzwerk zu beschränken.

Man muss aber auch die Bereitschaft und den Willen haben, hart zu arbeiten und Leistung zu erbringen. Wer etwas einfordert, muss auch die Fähigkeiten und Kompetenzen haben, um liefern zu können.

Als Dozentin sehen Sie sich nicht als klassische Wissenvermittlerin, sondern wollen vor allem Fähigkeiten und Kompetenzen fördern.

Wissensvermittlung wird immer ein Teil der Lehre sein. Doch Wissen kann relativ einfach erlernt werden. Viel schwieriger wird es bei den Kompetenzen und Fähigkeiten. Sie werden oft vernachlässigt, weil sie nicht quantifizierbar sind. Es gibt keinen Abschluss oder Zertifikat für gute Netzwerkpflege, Empathie oder Reflexion. Doch im Berufsalltag sind solche Fähigkeiten meist nützlicher als reines Fachwissen.

Wohin entwickelt sich die moderne Arbeitswelt?

Die klassische Unternehmenskultur, zwischen Kaffeeautomaten und Büro ist am Bröckeln. Mit Home-Office und hybriden Arbeitswelten braucht es eine neue, verbindende Kraft. Wer nicht mehr im Büro arbeitet, soll sich trotzdem mit dem Unternehmen identifizieren können.

Hier spielt das Thema «Purpose» eine wichtige Rolle, also die leitende Idee und der Sinn des Unternehmens, die von Führung und Mitarbeitenden zugleich mitgestaltet und mitgetragen wird. Dabei sind laufende Diskussionen, Perspektivenvielfalt und emotionale Bindung zentral. Für solche Purpose-Unternehmen sind Dialog, Aufeinander Zugehen und Reflexion Teil der Unternehmenskultur. Deswegen sind Offenheit, Mut und Flexibilität gefragter denn je.

Kategorie

News

Autor

Thomas Schläpfer, Content and Media Manager an der ZHAW

Publiziert am

04.05.2023

Hashtag

#DieWirtschaftsfrau #DWF #ZHAW #Arbeitswelt #Zukunft #Frauen #Homeoffice #Hybrid #Karriere #Lebenslauf #Arbeitsmodelle #Flexibilität

Mehr über Dr. Albena Björck

Seit fast 30 Jahren beschäftigt sich Albena Björck mit International Business, Unternehmensentwicklung und Kommunikation in der Praxis und in der Wissenschaft. Sie ist seit sieben Jahren an der ZHAW als Dozentin in der Lehre und Weiterbildung tätig und baut strategische Kooperationen zwischen Akademia und Praxis auf.

Dazu forscht Björck im Bereich der internationalen Unternehmensstrategien und der Rolle von Purpose in Zeiten des Wandels, der Krise und der Erneuerung. Neben ihrer Tätigkeit an der ZHAW berät und coacht sie Unternehmen und Führungspersonen im gleichen Themenbereich.

Passende Weiterbildungen der ZHAW finden Sie hier.

Comments are closed.

FRAUENJOBS.CH
ABONNIEREN