Wifo 2022 – über Bauchgefühl und Entscheidungen «zwischen zwei Übeln»
Gender Diversity als Erfolgsrezept
Die heute 20-jährige Venus Mijatovic kann sich nur schwer vorstellen, wieder im Angestelltenverhältnis zu arbeiten. (Bildquelle: ZVG)
Vegetarisches Café in Glarus: «Wir waren zuversichtlich, dass es funktioniert»
Schon seit einem ganzen Jahr können sich die knapp 12’500 Einwohner von Glarus im vegetarischen Café «Juice 1» kulinarisch verwöhnen lassen. Gegründet wurde das Unternehmen unter anderem von Venus Mijatovic – mit gerade einmal 19 Jahren.
Frauen gründen nach wie vor weniger als Männer. Nur jedes zehnte Start-up wird von einer Frau geführt, wie aus Zahlen des Portals «Startupticker» hervorgeht. Venus Mijatovic gehört zu den Mutigen, die diesen Schritt dennoch gewagt haben.
Vor einem Jahr haben die damals 19-Jährige und ihre beiden Geschäftspartner und Kindheitsfreunde Michael Jakober und Gianmarco Hodel das vegetarische Café «Juice 1» an der Stampfgasse 10 in Glarus eröffnet. Mit uns spricht die junge Gründerin über Mut, Risiko und Vorteile der Generation Z.
DWF: Euer Café hat am Samstag den einjährigen Geburtstag gefeiert. Was hat sich seither für dich verändert?
Venus Mijatovic: Verändert hat sich eigentlich nicht viel. Ich habe mich schon vor der Eröffnung lange mit unserer Idee auseinandergesetzt. Direkt nach der «Kanti» habe ich ein Praktikum bei einem Start-up gemacht und anschliessend auch gleich Juice 1 gegründet. Ich kann mein Arbeitsalltag also nicht wirklich mit einem anderen Job vergleichen.
Etwas zu gründen heisst immer, dafür einzustehen. Ich bin heute viel weniger flexibel. Der Schritt in die Selbstständigkeit bringt auch eine gewisse Medienaufmerksamkeit mit sich. Das ist für mich als Unternehmerin unglaublich cool und bedeutend.
Wie kann man sich deinen Alltag vorstellen? Stehst du selbst hinter dem Herd und schwingst den Kochlöffel?
Mein Part schon ist schon seit Beginn das Marketing – in unserem Fall vor allem das Digital Marketing. Wir sind in erster Linie auf Social Media sehr aktiv. Zudem liegt auch die Rezept- und Produktentwicklung bei mir. Das war schon immer meine grösste Leidenschaft.
Am Anfang waren wir als Gründer-Team vor Ort auch noch viel präsenter. Heute haben wir sechs Angestellte in Teilzeit, die sich auf den operativen Teil konzentrieren. Wenn jemand ausfällt, sind wir natürlich trotzdem zur Stelle. Das gehört eben auch dazu: Wenn es irgendwo brennt, muss man da sein.
Was hat euch die Sicherheit gegeben, dass das Konzept funktioniert?
Ich ernähre mich vegetarisch, seit ich etwa zehn Jahre alt bin. Seit etwas mehr als zwei Jahren mittlerweile sogar vegan. Ich habe all die Jahre mein Essen in die Schule gebracht, da es einfach keine guten Optionen gab. Da habe ich gemerkt, dass es angebotstechnisch noch viel Luft nach oben gibt – und andere würden das sicherlich auch so empfinden. Es ernähren sich immer mehr Menschen pflanzenbasiert, das ist auch in Glarus nicht anders.
Wir haben viel Market Research betrieben, unter anderem in Form von Umfragen. Wir haben die Leute schon früh auf unsere «Reise» mitgenommen. Das hat sicherlich zu einer gewissen Akzeptanz geführt. So hatten wir mehrere Videos auf TikTok, die schon vor der Eröffnung Millionen von Views hatten. Man konnte unser Projekt dann auch mit einem Crowdfunding unterstützen. Wir waren zuversichtlich, dass es funktioniert.
Euch als Generation Z wurden die sozialen Netzwerke auch praktisch mit in die Wiege gelegt.
Wir wissen, welchen Impact Social Media haben können. Unser Vorteil ist, dass wir wissen, wie wir das auch umsetzen können. Ohne Social-Media-Präsenz geht es heute auch gar nicht mehr. Uns spielt es einfach in die Karten, dass es für uns so natürlich ist.
Habt ihr diese positive Entwicklung erwartet?
Gewünscht haben wir uns das natürlich. Ich persönlich habe mir gedacht, dass es sicherlich von Interesse sein könnte, wenn junge Menschen so etwas auf die Beine stellen – gerade in Glarus. Mit der grossen Medienpräsenz hätte ich allerdings nicht gerechnet. Heute will man Erfolge mehr zeigen, gerade von jungen Gründerinnen. Da gibt es noch viel Aufholbedarf, wenn man bedenkt, dass es im Vergleich zu Männern auch einfach deutlich weniger gibt.
Woher habt ihr den Mut genommen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
Ich habe in diesem Schritt ehrlich gesagt kein grosses Risiko gesehen. Wir tragen in unserem Leben noch wenig Verantwortung. Wir haben damals alle noch zuhause gewohnt, haben keine Kinder und auch keine Hypothek auf ein Haus.
Auch wenn es schiefgegangen wäre, hätten wir daraus trotzdem viel lernen können. Es ist ein Privileg, dass wir uns das in unserem Alter überhaupt leisten können. Ich hätte mein Geld, das ich als Jugendliche zusammengespart habe, verloren. Das wäre das Schlimmste gewesen, das hätte passieren können.
Was würdest du anderen jungen, anstrebenden Gründerinnen mit auf den Weg geben?
Viele Menschen haben eine gute Idee, aber es ist schwierig, diese auch umzusetzen. Das A und O für mich ist ein gutes Team. Die gegenseitige Unterstützung und das «Pushen» hin zu einem gemeinsamen Ziel war für mich essenziell.
Apropos Ziele, wohin soll euer Weg noch gehen?
In den nächsten eins bis zwei Jahren würden wir gerne zwei weitere Standorte eröffnen und damit neue Regionen erschliessen. Unser Konzept zielt schliesslich auch darauf ab, dass wir Standorte finden, wo das vegane und vegetarische Angebot noch eher spärlich ist. In die Stadt Zürich würden wir jetzt eher nicht, dort gibt es bereits pflanzenbasierte Angebote wie Sand am Meer.
Und deine persönlichen Ziele als Unternehmerin?
Als Unternehmerin glaube ich nicht, dass Juice 1 das Einzige bleiben wird. Ich habe noch so viele Ideen, die ich umsetzen will. Es ist fast schon wie eine Krankheit. Ich kann mir momentan nur schwer vorstellen, wieder angestellt zu sein.
Kategorie
News
Publiziert am
16.06.2022
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