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Ein neuer Blickwinkel
Das eigene Frauenbild wird stark von der Mutter und damit zusammenhängenden Ereignissen geprägt.
Warum Männer starke Frauen fürchten
Hätte es die Finanzkrise 2008 nie gegeben, wenn in einer gewissen New Yorker Investmentbank „Lehman Sisters“ das Sagen gehabt hätten, wie es die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, bereits vor einigen Jahren mutmasste? Doch warum gibt es nicht schon längst mehr weibliche Chefs, wenn doch erwiesenermassen der Unternehmensgewinn steigt und in den Betrieben ein faireres, freundlicheres Klima herrscht? Vielleicht liegen die wahren Gründe gar nicht (nur) in der schwierigen Vereinbarkeit von Karriere und Familie oder zu wenigen Kita-Plätzen. Vielleicht haben Männer einfach Angst vor starken Frauen? Aber warum? Und welche Wege gibt es aus dem Dilemma?
Bisher dachte man in vielen Unternehmen: Wenn wir erstmal mehr Frauen in Führungspositionen haben, läuft alles sozialer, fairer, verantwortungsvoller und kooperativer. Das Betriebsklima wird besser und letztlich kommt das der gesamten Weltwirtschaft zugute! Trotzdem erreichen – auch nach Einführung der Frauenquote – immer noch viel zu wenige Frauen die mittleren und hohen Führungsetagen in den Konzernen, trotz bester fachlicher Eignung und selbstbewusstem Auftreten. Folgende These:
Haben Männer vielleicht einfach Angst vor starken Frauen und bleiben sie deshalb gern unter sich?
Fühlen sich die Vertreter des „starken Geschlechts“ eingeschüchtert, weil sich männliche und weibliche Rollenbilder durch die Emanzipation angenähert haben? Entsteht daraus eine starke Konkurrenz?
Junge, zielstrebige Frauen fordern Männer heraus
Gerade bei etwas älteren Herren herrscht immer noch ein archaisches Männerbild vor. Sie fühlen sich von fachlich kompetenten jungen Frauen mit zielstrebigem Auftreten herausgefordert. Oft ist Unsicherheit die Folge – und daraus resultierend Ablehnung. Diplompsychologe und Managementberater Werner Dopfer geht sogar noch weiter und sagt: „Männer wollen einfach nicht von Frauen geführt werden! Sie fühlen sich dadurch unbewusst an ihre Mutter erinnert und beginnen zu rebellieren.“
Die meisten Männer lehnen diese These natürlich strikt ab. Doch die tiefenpsychologische Erklärung von Werner Dopfer ist durchaus einleuchtend: Ein Grossteil des menschlichen Verhaltens läuft unterbewusst ab. Oftmals wissen wir gar nicht so recht, warum wir gerade unsicher, wütend oder traurig sind. Die Grundlagen dafür werden in unseren ersten fünf Lebensjahren gelegt, in denen vor allem die Mutter dafür verantwortlich ist, ob im Kind Urvertrauen, Autonomie, Selbstbewusstsein oder Selbstzweifel entstehen. Kaum jemand erinnert sich jedoch bewusst an diese Zeit und deshalb lassen sich auch Worte und Handlungen oftmals gar nicht oder nur wenig wirklich bewusst steuern. Zumal Männer die Dominanz zwischen Männern und Frauen nur aus einer Situation heraus kennen: der zwischen Mutter und Sohn. Ergo werden diese frühkindlichen Erfahrungen auf die weiblichen Vorgesetzten projiziert – unbewusst natürlich.
Wird nun eine andere Frau als die Mutter stärker und mächtiger im Leben eines Mannes – z.B. im beruflichen Kontext – stellt das unbewusst die gelernte Geschlechterrolle des Mannes auf den Kopf. Die Reaktionen ähneln dann denen eines Kindes: Grenzen austesten, sich nicht bervormunden lassen wollen, rebellieren. Und die eigene Unsicherheit natürlich niemals zugeben!
Clevere Frauen lassen Männer Helden sein
Es wäre natürlich einfach, zu sagen: „Männer (ver)ändert euch! Akzeptiert endlich, dass wir Frauen jetzt ganz vorn mitspielen. Legt euer archaisches Rollenverständnis beiseite und stellt euch mit uns Frauen gleichberechtigt auf Augenhöhe – das müsst ihr nun schon mal aushalten …“
Das reicht jedoch vermutlich nicht. Seitens der Männer bedarf es einer Menge an Selbstreflektion, um bei sich selbst die unterbewusste Ablehnung weiblicher Führungskräfte überhaupt erstmal wahrzunehmen und anzuerkennen. Und gut wäre, wenn daraus der Wunsch entstünde, typisch weibliche Eigenschaften wie soziale Kompetenz, Kooperations- und Kompromissbereitschaft oder Intuition als Bereicherung kennenzulernen – und als Gelegenheit zur eigenen persönlichen Weiterentwicklung anzunehmen.
Aber auch die Frauen sollten sich nicht einfach zurücklehnen: Für sie gilt, die Ursachen für männliches Verhalten besser verstehen zu lernen. Ein erster Schritt könnte sein, dass Frauen erst gar nicht versuchen, den Männern ihre Rolle als „Alpha-Tier“ streitig zu machen. Denn das ist es, was oft zu einer Totalverweigerung seitens der Männer führt.
Clevere Frauen lassen dem Mann seinen „Heldenstatus“, geben ihm die ersehnte Anerkennung und bleiben trotzdem professionell, souverän und zielorientiert. Sie akzeptieren und tolerieren typisch männliche Eigenschaften wie Dominanz, Rivalität und Konfliktbereitschaft und pflegen einen konstruktiven Umgang, ohne das Verhalten als kindisch abzuwerten.
Bei Männern und Frauen gibt es also Optimierungsbedarf, um weiblichen Führungskräften den Weg in die obersten Etagen weiter zu ebnen und Unternehmen dadurch stärker zu machen. Gelingt das, könnte sich die Zukunft weit krisensicherer gestalten lassen, als in der Vergangenheit.
Rubrik
Ausgabe
Sandra Poda
Beruf
HR Recruiter & Consultant / Unternehmerin
Firma
PODA. Personal- und Kaderselektion
Webseite
personalpoda.ch
femalerecruiting.ch
Info
Seit 1998 tätig als Personalberaterin mit Begeisterung für Mid und Advanced Careers, Vermittlung und Auswahl von Fach- und Führungskräften, Spezialisten- und Expertenpositionen. Seit 2007 selbständig.Schwerpunkte: Recruiting, Active Sourcing, Neue Arbeitswelten „Frauen in Führungspositionen“. Initiantin von femalerecruiting.ch. Grosses Netzwerk im HR-Bereich, aber auch zur Wirtschaft generell.