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Sandra Liliana Schmid, Personal- und Unternehmensberaterin.
Wer wagt, gewinnt!
Guten Tag Frau Schmid. Wie würden Sie sich mit fünf Adjektiven beschreiben?
Mutig, positiv, stark, zuverlässig, macher.
Wieso genau diese fünf Attribute?
Mutig: Wer wagt, gewinnt. Positiv: Es gibt immer etwas Positives, man muss es nur erkennen. Und wer lächelnd durch die Welt geht, erlebt mehr davon. Stark: Es braucht Stärke um für sich, für das, woran man glaubt und für andere einzustehen. Man muss schon Kraft haben, um bei Niederlagen wieder aufzustehen und weiter zu machen. Zuverlässig: Ich halte immer mein Wort. Das ist Ehrensache. Meiner Meinung nach ist das etwas vom Wichtigsten überhaupt. Niemand macht gerne Geschäfte mit jemanden, auf den man sich nicht verlassen kann. Macher: Man muss schon MACHEN, um etwas zu erreichen – lange darüber oder drum herum reden, führt zu gar nichts.
Sie haben einen spannenden Lebens-lauf. Das erste Unternehmen haben Sie bereits im Alter von 17 Jahren gegründet. Wie ist es dazu gekommen?
Da muss ich vielleicht ein bisschen ausholen: Mein Vater kam im Alter von 17 Jahren mit seiner 16-jährigen Schwester in die Schweiz, um als Bauarbeiter Geld zu verdienen, welches er regelmässig seiner Mutter nach Süditalien sandte. Nun, anfangs 20 lernte er meine Mutter kennen und kurz darauf kam ich zur Welt. Jeweils drei Jahre später folgten mein Bruder und dann meine Schwester. Wir wuchsen in eher armen Verhältnissen auf. Mein Vater wurde irgendwann Vorarbeiter und dann Polier, aber sehr viel verdiente er damals nicht. So wechselte er die Stelle und musste fest-stellen, dass er beim neuen Arbeitgeber zwar mehr verdiente, aber dieser die Bauarbeiter schlecht behandelte und hinterging. Diese Geschäftspolitik konnte mein Vater nicht mit seinen Werten vereinbaren, also kündigte er und sagt zu mir: „Du machst ja diese Ausbildung, also weisst du, wie das geht.“ Ich war im ersten Lehrjahr meiner KV-Ausbildung und gründete für meinen Vater also sein Bauunter-nehmen, Umbau Renovationen A. Leo. Während er Aufträge über sein grosses Netzwerk reinholte, kreierte ich sein Logo, sein Briefpapier, schrieb Offerten und Rechnungen, übersetzte behörd-liche Briefe für ihn – sein Deutsch war ganz okay, aber nicht grossartig – und ging an Meetings mit dem Treuhänder. Alles nebst Schule und Arbeit. Es machte mir nicht immer Spass, aber es war meine Pflicht und diese nahm ich wahr. Als ich dann im dritten Lehrjahr war, konnte ich die meiste Büroarbeit meiner Mutter übergeben, da ich mich auf die Abschlussprüfung konzentrieren wollte.
Was haben Sie aus dieser Zeit noch besonders gut in Erinnerung?
Nun, es war streng, aber auch aufregend. Der Start von etwas Neuem mit der Hoffnung und dem Optimismus auf Erfolg war schon irgendwie beflügelnd. Und ich habe gemerkt, dass es Mut braucht und man etwas dafür tun kann und muss, wenn man das, woran man glaubt, umsetzen möchte. Es ist nicht immer einfach, aber man muss dranbleiben und seine Sache gut machen. Ausserdem habe ich gesehen, wie mein Vater in der Selbständigkeit aufblühte.
In den letzten 30 Jahren haben Sie sechs Unternehmen auf- und ausgebaut. Wie erfolgreich sind diese Unternehmen noch?
Das erste war das meines Vaters. Er hat sich vor vier Jahren pensioniert und einen Teil seines Unternehmens verkauft. Das zweite Unternehmen habe ich im Alter von etwa 21 Jahren gegründet und im Teilzeitpensum geführt. Damals wohnte ich auf Hawaii und habe Modeschauen organisiert und Models gecoacht. Als ich wegzog, gab ich das auf. Ende der 90er Jahre entdeckte ich das Internet und das Online-Marketing für mich. Ich brachte mir in der USA HTML bei, kam in die Schweiz und wollte hier als Webdesignerin Fuss fassen. Das tat ich zuerst im Teilzeitpensum und machte mich dann im 2000 ganz selbständig. Das war ein wirklich florierendes Geschäft, denn alle Unternehmen brauchten einen Internetauftritt. Für meinen Vater machte ich die Website natürlich kostenlos. Zu der Zeit lernte ich auch meinen Mann kennen. Wir heirateten und bekamen innerhalb von knapp vier Jahren drei Kinder. Mit jedem zusätzlichen Kind reduzierte ich mein Business schrittweise, bis ich nur noch ein paar Kunden regelmässig mit Updates betreute. Im 2007 gründete ich ein Förderzentrum für finanziell benachteiligte Kinder und Jugendliche. Dieses führte ich zehn Jahre. Wir haben weit über 2’400 Kinder gefördert, aber heute braucht es uns nicht mehr so, wie es uns damals brauchte. Und so beschloss ich, das Förderzentrum auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Es existiert noch, aber unterstützt nur noch vereinzelte Kinder.
Im 2013 gründete ich parallel ein Unternehmen und bot Coachings und Beratungen für Ü50 an. Irgendwie entwickelte sich das aber nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte und so legte ich eine „Kreativ-Pause“ ein. Im 2017 startete ich dann mit meinem eigenen Brand „Sandra Liliana Schmid“, womit ich Coachings und Beratungen anbiete und kurz darauf gründete ich parallel dazu Schmid Advisory GmbH. Sandra Liliana Schmid läuft sehr gut, worüber ich mich sehr freue. Auch auf Schmid Advisory GmbH bin ich sehr stolz, denn hier habe ich absolute Experten auf dem Gebiet Human Resources und Marketing/Kommunikation an Bord. Gemeinsam fokussieren wir uns hauptsächlich auf Employer Branding für KMUs. Zudem habe ich im 2018 die Organisation UnternehmerinnenEvent.ch gegründet. Auch diese läuft absolut erfolgreich und ermöglicht selbstständigen Unter-nehmerinnen, sich konstruktiv und produktiv zu vernetzen, damit sie schneller zu nachhaltigen Geschäften kommen.
Sie haben zudem auch drei Bücher veröffentlicht. Welchen Eigenschaften schreiben Sie Ihren Erfolg zu?
Den fünf Adjektiven, die ich Ihnen am Anfang aufgezählt habe, aber auch der Tatsache, dass für mich der Tag nicht nur acht, sondern 24 Stunden hat. Klar arbeite ich nicht 24 Stunden, aber wenn ich das tue, was ich gerne mache, dann mache ich das nicht einfach nur „nine to five“. Wenn man tut, was man liebt, hat man viel mehr Energie und ist produktiv. Und: Man muss halt loslegen und MACHEN. Ich stelle immer wieder fest, dass viele leider oftmals eine Unmenge an Ausreden und Entschuldigungen finden, warum etwas nicht geht, wieso sie etwas nicht tun können oder weshalb sie keine Zeit zur Verfügung haben. Und dann fragen sie mich „Wie machst du bloss das alles?“ Nun, ich finde keine Ausreden, etwas nicht zu tun, ich finde Gründe, es zu MACHEN.
Was waren Schlüsselpunkte Ihrer Laufbahn?
Als erstes die kaufmännische Lehre als Grundausbildung. Dann die viereinhalb Jahre, in denen ich in den USA gelebt und mir dort ein Leben aufgebaut habe. Das war wohl die härteste Schule. Ich musste mich in einem fremden Land meinen Ängsten stellen, musste lernen „zu überleben“ und ich entwickelte enormen Durchhaltewillen. Die Zeit als Webpublisher war für meine Laufbahn auch sehr wichtig, denn ich stellte fest, dass ich viel mehr verdienen kann, als
ich es mir jemals hätte vorstellen können. Die Zeit, in der ich das Förder-zentrum führte, war ebenfalls äusserst prägend. Einerseits war es für mich in Bezug auf Human Resources und als Geschäftsführerin mit Angestellten eine sehr wichtige Lern- und Entwicklungsphase, andererseits war das wohl eine der schönsten Zeiten, denn ich konnte mit dem Förderzentrum viele junge Menschen und Familien unterstützen.
Aus welchem Fehler, den Sie gemacht haben, haben Sie am meisten gelernt?
Ich habe im 2013 den falschen Leuten vertraut und sehr viel Geld verloren. Im Nachhinein weiss ich, dass wenn etwas für jemanden funktioniert, heisst es noch lange nicht, dass es auch für dich funktioniert. Denn wenn du nicht 100% dahinterstehen kannst, du dich nicht voll und ganz mit dem identifizieren kannst, was du machst und das nicht wirklich DEIN Ding ist, dann erlebst du keinen Erfolg. Aber auch aus dieser niederschmetternden Erfahrung nehme ich Positives mit: Ich habe in der Zeit sehr viel gelernt und ich brachte die Kraft auf, wieder aufzustehen und nochmals durchzu-starten.
Denken Sie, dass Ihre Karriere als Mann anders verlaufen wäre?
Ja, ganz sicher. Nicht besser oder schlechter, aber ganz sicher anders.
Wie stehen Sie persönlich zur Lohnlücke zwischen den Geschlechtern?
Das finde ich selbstverständlich äusserst bedauerlich und absolut unfair. Und es überrascht mich, dass sogar die Behörden den Mindestlohn für Frauen tiefer ansetzen als den für Männer. Allerdings finde ich, dass Frauen einfach fordernder sein müssen. In der Praxis erhalten Frauen oftmals weniger, weil sie nicht gleich viel fordern wie die Männer. Die Männer sind da in der Regel mutiger. So nach dem Motto: „Wer wagt, gewinnt!“ Frauen müssen unbedingt mutiger sein.
Welche Faktoren – abgesehen von der Lohnlücke – sehen Sie als hinderlich für die Karriere von jungen, ehrgeizigen Frauen?
Ich stelle immer wieder fest, dass sich viele Frauen selbst im Weg stehen. Sie sind die fleissigen Bienen, die Ausbild-ung um Ausbildung machen und dann immer noch nicht sicher sind, ob sie gut genug für den Job oder das Projekt sind. Und während sie an sich zweifeln und diese Zweifel mit weiteren Kursen und Diplomen zu stillen versuchen, stehen Männer vorne hin und sagen: „Das kann ich. Das mache ich“. Denn sie haben mehr Mut als die Frauen und sie machen im richtigen Moment am richtigen Ort auf sich aufmerksam, während Frauen sich nicht trauen, vorzutreten. Aber bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es gibt selbstverständlich auch Frauen, die nicht diesem Muster entsprechen und es gibt natürlich auch Männer, die immer eine Spur zu spät sind oder der Karriere hinterherlaufen, ohne grosse Erfolge zu erleben.
Wo sehen Sie in der heutigen Zeit Karrieresprungbretter für Frauen, die allenfalls auch schon etwas älter sind?
Frauen eignen sich über all die Jahre sehr viele Kompetenzen und Fähigkeiten an, welche sie für einen Wiedereinstieg, für ihre nächsten Karriereschritte oder für eine Selbständigkeit nutzen können. Ein Beispiel: Sehr viele Frauen arbeiten im Teilzeitpensum, während sie ihre Kinder aufziehen. Die Zeit, die sie Zuhause verbringen, geht immer irgendwie vergessen und die Kompetenzen, die sie in dieser Zeit entwickeln und anwenden, nehmen sie gar nicht richtig wahr. Aber während dieser Zeit über-nehmen sie sehr viel Verantwortung. Sie planen, führen, leiten. Sie sind in Elternräten, engagieren sich freiwillig und organisieren Events oder Ausflüge. Oftmals sind sie in Vereinen tätig, übernehmen eine verant-wortungsvolle Rolle, nehmen an den Generalversammlungen teil und manchmal leiten sie diese sogar. Und da gibt es noch viele weitere Beispiele.
All diese Fähigkeiten und Kompetenzen müssen entweder im Lebenslauf erwähnt werden, wenn sich eine Frau auf eine neue Stelle bewirbt oder sie müssen erwähnt werden, wenn es darum geht, intern einen Karriereschritt zu machen. Und selbstverständ-lich ist die Selbständigkeit immer eine sehr gute Option. Frau hat über die Jahre vielleicht entdeckt, dass noch ganz andere Fähigkeiten, Talente und Bedürfnisse in ihr stecken, also soll sie das nutzen, um eine Ausbildung in dem Bereich zu machen, in dem sie tätig sein möchte. Allerdings darf das nicht unterschätzt werden. Die Selbstständigkeit macht Spass, aber nicht jedermann bzw. nicht jede Frau ist für die Selbständigkeit gemacht.
Was möchten Sie Frauen auf den Weg geben, die schon lange auf einer Position festsitzen und ihrer Karriere wieder neuen Schwung geben möchten?
Sie müssen an sich glauben. Das ist das Wichtigste. Denn wenn sie selbst nicht 100% an sich glauben, wie sollen denn die anderen an sie glauben? Dann empfehle ich, dass sie sich eine Liste oder ein Mindmap machen und notieren, was sie schon alles gemacht und erreicht haben. Und ich meine wirklich alles. Das ist eine Liste oder ein Mindmap, das nicht innerhalb einer Stunde gemacht wird. Das braucht Zeit. Zeit zum Wachsen. Weil es vielen Frauen auch
sehr schwer fällt, ihre eigenen Kompetenzen wahrzunehmen, empfehle ich, jemanden zur Unterstützung beizuziehen. Ein Coach oder eine vertraute Person, die a) positiv ist und die b) einem gut gesinnt ist. Wenn frau mal alles sammelt und vor sich sieht, was sie schon erlebt, geleistet und erreicht hat, steigt auch ihr Selbstwertgefühl und somit ihr Selbstvertrauen. Als nächstes soll man sich überlegen, was man denn gerne machen möchte. Was ist es, das
der Karriere neuen Schwung gibt? Wenn man das herausgefunden hat, hat man ein Ziel und kann sich auf den Weg begeben. Und auf diesem Weg muss frau unbedingt netzwerken. Denn 80% aller Jobs und Aufträge werden über Netzwerke vergeben.
Rubrik
Ausgabe
Sandra Liliana Schmid
Geburtstag
29.03.1970
Nationalität
Schweizerin & Italienerin
Zivilstand
glücklich verheiratet
Beruf
Beruf Personal- & Unternehmensberaterin (selbstständig), HR-Manganerin (70%-Anstellung)
Webseite
SandraLilianaSchmid.ch
Sandra Liliana Schmid baute in 30 Jahren sechs Unternehmen auf, lebte und arbeitete als junge Frau viereinhalb Jahre in der USA und unterstützt heute Frauen in ihrer Selbständigkeit und in ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Seit Januar 2019 ist sie im Teilzeitpensum zudem als HR-Managerin in einem Schweizer IT-Dienstleisungsunternehmen tätig.