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Bundesrätin Karin Keller-Sutter gehörte zu den ReferentInnen des 27. Rheintaler Wirtschaftsforums. (Bildquelle: Galledia Event AG)

Wifo 2022 – über Bauchgefühl und Entscheidungen «zwischen zwei Übeln»

Das 27. Rheintaler Wirtschaftsforum konnte nach mehrfacher Verschiebung am 2. Juni 2022 in Widnau durchgeführt werden. Gerd Gigerenzer, Ursula Nold, Mark Schneider und Karin Keller-Sutter zeigten auf, wie wir in und nach Krisen zukunftsfähig bleiben.

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg oder die steigende Inflation: Von Krisen ist die Weltbevölkerung in den letzten zwei Jahren alles andere als verschont geblieben. Umso mehr hat das diesjährige Thema des Rheintaler Wirtschaftsforums (Wifo) «Risiko, Verantwortung, Führung – wie wir in und nach Krisen zukunftsfähig bleiben» den Nagel auf den Kopf getroffen.

Über 700 Teilnehmende haben sich am 2. Juni 2022 in der Aegetenhalle in Widnau für das 27. Rheintaler Wirtschaftsforums eingefunden. Nach coronabedingter Absage im Frühjahr konnte der Anlass in Originalbesetzung durchgeführt werden. Begrüsst wurde das Publikum von Regierungsrat Marc Mächler, der gleich zu Beginn deutlich machte: «Wir haben kein Corona mehr bestellt.»

Lieber eine unvollkommene Entscheidung als gar keine

Das Virus mag vorerst zwar überstanden sein, ist aber alles andere als spurlos an uns vorbeigegangen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter reagiert mit Schauder auf die eingeblendete Medienkonferenz, bei der damals vor nunmehr über zwei Jahren der schweizweite Lockdown verhängt wurde. Sie und ihre Ratskolleginnen und -kollegen hätten während der Krise immer wieder «zwischen zwei Übeln» entscheiden müssen. Gerade für sie als Liberale sei es besonders schlimm gewesen, das Land zu schliessen.

So schwierig es auch sein mag: Es sei wichtig, sich nicht vor Entscheidungen zu scheuen. Demnach sei eine unvollkommene Entscheidung besser, als nach vollkommenen Entscheidungen zu suchen, die es nicht gibt.

«Welt mag keine Krisenprofiteure»

Während Coiffeure und Gastrobetriebe die Arbeit gänzlich einstellen mussten, fuhren andere den Betrieb hoch. In der Bevölkerung hat aber auch das seine Risiken. «Die Welt mag keine Krisenprofiteure», sagt Nestlé-CEO Mark Schneider. Dies sei auch gut so. Nestlé steht seit Beginn des Ukraine-Kriegs in der Kritik, sich nicht aus Russland zurückgezogen zu haben. Schneider erklärt, dass man keine Luxusgüter mehr vertreibt, aber lebensnotwendige Güter wie Babynahrung oder medizinische Produkte der Bevölkerung nicht vorenthalten darf.

Auch in der Ukraine stehen die soziale Verantwortung und die Sicherheit der Mitarbeitenden an oberster Stelle. Das Werk im Osten wurde zum Verteilzentrum für Hilfsgüter umfunktioniert, während die beiden im Westen mit hohen Sicherheitsstandards weiteroperieren.

Selbst wenn der Krieg morgen endet, wird das Leben nach einer Krise nicht mehr dasselbe sein. Auch die nähere Zukunft sagt Schneider nicht gerade positiv voraus. «Die 2020er-Jahre werden auf geisterhafte Weise den 1970er-Jahren gleichen.» Er selbst würde diese Erwartung an die wirtschaftliche Entwicklung vielmehr realistisch als pessimistisch werten. «Nur wenn man sich darauf einstellt, kann man damit auch umgehen.»

Für Ursula Nold, Präsidentin der Migros Genossenschaft, ist klar: Resilienz ist der Schlüssel in und aus der Krise. Ein Geheimrezept gibt es nicht, ausser, immer wieder aufzustehen.

Zahlenblinde Gesellschaft

Auch Risikoforscher und Professor Gerd Gigerenzer hat aus Corona einige Lehren gezogen. Vor allem, dass wir in einer zahlenblinden Gesellschaft leben und zu wenig statistisches Wissen aufweisen. Dieses Problem habe im öffentlichen Diskurs zu vielen Unsicherheiten geführt.

So wichtig datenbasierte Fakten für Gigerenzer auch sind, dürfe die Intuition nicht ausser Acht gelassen werden. «Wer von Ihnen hat sich Ihre Partnerin oder Ihren Partner mittels einer Pro-Kontra-Liste ausgesucht?» Die Frage brachte das Publikum zum Schmunzeln und zeigt wohl am deutlichsten auf, wie wichtig das Bauchgefühl für grosse Entscheidungen im Leben sind. Auch auf beruflicher Ebene beteuert der Risikoforscher, dass ein Unterdrücken der Intuition die Innovation hemmen kann.

Nächstes Wifo bereits in Planung

Der diesjährige Überraschungsgast hat selbst auch mit viel Intuition gehandelt, als er beim Fussball-Cup-Final auf den Platz eilt und sich FCSG-Chaoten in den Weg stellt. Für eine Strategie habe Matthias Hüppi, Präsident des FC St. Gallen, in diesem Moment keine Zeit gehabt. Diese Zivilcourage wurde mit reichlich Applaus belohnt. Zum Auftritt des ehemaligen SRF-Moderators gehörte auch eine Prise Humor. Auf die Publikumsfrage, welcher denn sein Lieblingsspieler sei, antwortete er schmunzelnd: «Da wäre ich ja schön blöd, wenn ich darauf jetzt antworten würde.»

Der zumindest thematisch risikoreiche Nachmittag wurde mit dem «Preis der Rheintaler Wirtschaft 2022» weiter aufgelockert. Die Skulptur «Kreislauf» der Rheintaler Künstlerin Karin Thür wurde an das Bernecker Familienunternehmen Gustav Spiess verliehen.

Auch die Vorfreude lassen wir uns trotz schwierigen Zeiten nicht nehmen. Das nächste Rheintaler Wirtschaftsforum ist für den 20. Januar 2023 angesetzt. Die Anmeldung ist ab sofort unter www.wifo.ch möglich.

Kategorie

News

Publiziert am

08.06.2022

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